Migrant*innen besser vor häuslicher Gewalt geschützt
Der Nationalrat hat eine parlamentarische Initiative angenommen, die einen besseren Schutz für Migrant*innen verlangt, wenn sie häusliche Gewalt erleben.
In der Schweiz kommt häusliche Gewalt häufig vor: Jährlich sterben 25 Personen an ihren Folgen. 2022 wurden über 19’000 Fälle von häuslicher Gewalt registriert. Es gibt eine hohe Dunkelziffer.
Jeder zweite Fall von polizeilich registrierter häuslicher Gewalt betrifft Frauen ohne Schweizer Pass. Dies ist u. a. darauf zurückzuführen, dass die Mehrheit der Migrantinnen in der Schweiz über den Familiennachzug in die Schweiz kommt und viele damit in eine Lage grosser Abhängigkeit geraten.
Bisher war das Aufenthaltsrecht von Migrantinnen oft mit der Ehe und einem gemeinsamen Wohnsitz verknüpft. Das bedeutete, dass sie bei häuslicher Gewalt die Beziehung während drei Jahren nicht verlassen konnten, ohne eine Ausweisung zu riskieren. Ausnahmen gab es nur, wenn Migrant*innen eine systematische und intensive Gewaltausübung nachweisen konnten.
Drei Jahre Schutz gegen Ausweisung
Die angenommene parlamentarische Initiative, eingereicht von Samira Marti (SP), verlangt eine Anpassung der Härtefalldefinition im Artikel 50 des «Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration» (AIG). Die Nichterfüllung eines oder mehrerer Integrationskriterien soll während einer dreijährigen Frist keinen Einfluss auf die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung haben. Den Opfern häuslicher Gewalt soll also eine Frist von drei Jahren gegeben werden, damit sie die Integrationskriterien wie wirtschaftliche Unabhängigkeit und die sprachlichen Anforderungen erfüllen können. Diese Regelung wurde von Frauenorganisationen kritisiert, weil es für Betroffene von häuslicher Gewalt, die häufig keine Unterstützung haben und vom Gewalttäter isoliert wurden, schwierig ist, alle Kriterien der Integration in dieser Zeit zu erfüllen.
Neue Definition von Härtefällen
Betroffene Migrant*innen und ihre Kinder müssen wie bisher beweisen, dass sie von einem Härtefall betroffen sind. Dies wird jedoch mit der neuen Regelung einfacher. Mit der parlamentarischen Initiative wurden die Hürden der Härtefallregelung gesenkt.
Neu wird häusliche Gewalt auch festgestellt, wenn
- sich jemand ärztlich behandeln lassen musste;
- wenn die Polizei in einem Fall eingreifen musste;
- und wenn jemand als Opfer gemäss Opferhilfegesetz anerkannt wurde.
Dies führt zu einem besseren Schutz von Migrant*innen gegen häusliche Gewalt, weil sie auch bei Trennung und eigenem Haushalt Chancen auf einen Verbleib in der Schweiz bekommen und ist deswegen ein grosser Erfolg. Die Schwierigkeiten beim Beweis eines Anspruchs auf eine Härtefallregelung bleiben aber.
Mehr Informationen zur parlamentarischen Initiative.