Was man bei der isa lernen kann – Sprachförderung und kulturelle Integration

Lesen Sie hier, was eine Kursleiterin von ihren Eindrücken aus den Deutschkursen erzählt. Es geht darum, Fundamente zu legen, Frustrationen vorzubeugen und Komplexität zu reduzieren. In isa-Kursen wird durch gegenseitiges Kennenlernen Integrationsarbeit betrieben, was auch sehr lustig sein kann.

Es spricht mich an, mit Menschen zu arbeiten, die oft in aussereuropäischen Sprachen multilingual unterwegs sind, andere Sprachen manchmal in ihrem Alltag «nebenbei» gelernt haben, aber das Alphabet, das wir für Deutsch nutzen, teilweise noch nicht kennen oder auch noch keine Sprache in einer Schule oder einem Kurs gelernt haben. Für die, die dieses schulische Lernen von Sprachen kennen, gibt es andere Angebote, die mit schnellen Erfolgen werben und diese auch oft haben, weil manche Menschen Voraussetzungen erfüllen, die es ihnen ermöglicht, eine Sprache innerhalb von 3 Jahren nahezu fehlerfrei zu lernen. Das geht nicht allen so und einige von diesen Menschen lernen dann bei der isa Deutsch. Die isa richtet sich mit ihrem Angebot auch und vor allem an Menschen mit wenig Schulerfahrung. Das Lerntempo in den Kursen ist daher eher langsam. 

Es ist herausfordernd, in einem Alltag eine Sprache zu erlernen, in dem man auf der Strasse kaum Schriftdeutsch hört, kaum mehr sprechen muss oder niemanden kennt, der Deutsch spricht. Die Situationen, in denen man dann Deutsch sprechen muss, sind oft derart komplex, dass es sehr schwierig ist, sich verständlich zu machen (Elterngespräche, Behördengänge…). Das langsame Lernen und die langsamen Fortschritte erfordern ein hohes Mass an Durchhaltewillen, Frustrationstoleranz und Engagement. Viele Menschen, die bei der isa lernen, bringen das mit. Chapeau!

Seit einiger Zeit geht es für manche Menschen, die Deutschkurse besuchen, vor allem auch darum, ein offizielles Zertifikat zu erlangen, um ihre Aufenthaltsbewilligung verlängern zu können. Diese Menschen lernen dann auf ein bestimmtes Ziel hin und sind teilweise unter einem hohen Druck, weil sie nicht wissen, was sie erwartet, wenn sie die Anforderungen nicht erfüllen. Unter grossem Druck zu lernen, hat schon in meiner eigenen Schulzeit nicht gut funktioniert und war vor allem selten nachhaltig… und wenn Sie daran denken, wie gerne Sie Französisch gelernt haben, vor allem, wenn eine wichtige Probe anstand, dann ahnen Sie, was ich meine.

Als Kursleiterin möchte ich ein gutes Fundament legen, auf das man bei Bedarf ein richtiges Haus bauen kann. Ein Fundament, eine Basis, ist beim Bauen das Langwierigste und Wichtigste, danach geht es manchmal schnell, zum Beispiel ein «Fertighaus» aufzustellen. Die Grundlagenarbeit – das Vermitteln von Schrift- und Lesetechniken sowie Wortschatzarbeit – ist sehr lohnend und gibt meiner Arbeit Sinn. Ab und zu beobachte ich im Alltag, wie Menschen, die Deutsch können, in Unterhaltungen mit Menschen, die Deutsch noch lernen, im Infinitiv sprechen. Auch Situationen, in denen diesen deutschlernenden Personen Anweisungen gegeben werden, die so vereinfacht werden, dass sie sehr unhöflich klingen, haben für mich immer einen bitteren Beigeschmack. Wenn diese Deutschlernenden dann mit einer korrekten Wortendung antworten können, ist das eine sprachliche Ermächtigung, die ich fördern möchte, indem ich auch grammatikalische Strukturen unterrichte.

Nebst diesem Legen des sprachlichen Fundaments ermöglicht die isa auch im Rahmen der Integrationsarbeit, dass man Ausflüge macht. Menschen, die unsere Kurse besuchen, haben durchaus Wünsche, was sie gerne mal sehen würden: das Innere des Bundeshauses, einer Wohnung (von nicht Bekannten) oder der Universität, den Rosengarten oder den Gurten. Manch andere Ausflugsziele, die ihnen vorgeschlagen werden, finden sie sehr interessant, sei es eine Führung bei der Kantonspolizei, das Erklettern des Münsterturmes, die Besichtigung des Hauses der Religionen, einen Gang über den Bremgartenfriedhof oder durch den botanischen Garten.

Leider fällt in letzter Zeit vermehrt das gemeinsame Essen am Ende eines Kurses aus, oder ist dergestalt, dass es zu keiner Wiederholung einlädt (das geht zum Glück nicht allen Kursleitenden so!). Menschen aus allen Ländern sind heute oft lieber am Handy unterwegs, als sich mit dem Tischnachbarn zu unterhalten. Wo man früher gerne mal das Gericht eines anderen Landes probiert hat, sei es aus Neugier oder einfach aus Höflichkeit, steht heute die Frage immer öfter im Raum, ob man gewillt ist, Zutaten zu essen, die nicht in die eigene Fasson passen aus ernährungstechnischen, religiösen oder politischen, weltanschaulichen Gründen. Und so bewährt es sich dann oft, am Ende eines Semesters zusammen zu spielen, oder einfach etwas zu trinken und sich erzählen zu lassen aus dem Leben oder von dem Heimatland der Menschen im Kurs.  

Auch Länderposter sind eine feine Sache. Dort können die Heimatländer vorgestellt werden, Informationen, die dem Gestalter des Posters wichtig sind, vermittelt werden und nicht selten sieht man in der Pause Paare oder Grüppchen vor den Postern stehen und sich unterhalten. Es ist möglich, aus dem gut bestückten Materialschrank der isa Farbstifte oder Marker auszuleihen und Flipchartpapier mitzugeben, so dass die Länderposter ohne Zusatzkosten bunt gestaltet werden können. Jedes Länderposter wird eine Zeitlang aufgehängt, egal ob es das Land offiziell gibt oder nicht. 

Und zum guten Schluss gibt es neben vielen schweren Momenten, wo Schicksale offenbar werden und Tränen zurückgehalten werden, auch die wunderbaren, heiteren und humorvollen Momente. Lust auf ein paar Beispiele? Der Bundeshausbesuch geht langsam zu Ende, wir erheben uns im Ständerat von der Besuchertribüne und erregen damit meinerseits unbeabsichtigt (durchaus Bünzli 😉) Aufmerksamkeit. Ich halte die Luft an, als ein Kursteilnehmer dem Ständeratspräsidenten beim Gehen ZUWINKT. Der nimmt´s gelassen und winkt lächelnd zurück.

Im Kopierraum stehend höre ich einen FETTEN RÜLPSER. Fast augenblicklich steht auch eine Frau neben mir und fragt, was „DAS da gerade“ auf Deutsch heisse. Eine herrliche Gelegenheit, kulturellen Relativismus zu thematisieren und genüsslich all die Geräusche zur Sprache zu bringen, die man zwar hört, aber selten mit Wörtern benennt, und die einige Kursteilnehmer*innen durchaus im Kinderzimmer schon mal gehört haben.

Ich erkläre, was „durchgehend“ geöffnet heisst. Eine Guatemaltekin meint, ihr Baby habe auch durchgehend geöffnet.

Eine Frau meint, die Kollegin käme aus Eritropia. Schön wär’s 😉, dann wäre das Kriegsbeil wohl begraben.

Wer Lust auf mehr hat, kann meine Kolumne lesen.[1]

Text: Margun Welskopf

Fotos: Ibrahim Öztürk


[1] Gibt’s leider noch nicht, kann aber noch werden 😉